Enterprise IT-Abteilungen sowie Mittelständler und SMBs befinden sich seit einiger Zeit in einer Zwickmühle, die den Namen VMware trägt, oder besser gesagt, den Namen seines neuen Herrn und Meisters, Broadcom.
Kurz zur Geschichte: Im Mai 2022 kündigte der US-Halbleiterkonzern Broadcom an, VMware übernehmen zu wollen. Die Übernahme lies sich Broadcom läppische 61 Milliarden US-Dollar kosten. Die Akquisition wurde im November 2023 abgeschlossen, seitdem hat Broadcom seiner neuen Tochter einen Radikal-Umbau verordnet, vor allem im Bereich Lizenzierung, Produktpolitik und Partnerprogramm.

Seit etwas über einem Jahr lässt Broadcom bei VMware deshalb keinen Stein mehr auf dem anderen und es vergeht seitdem fast kein Monat mehr an dem nicht irgendwelche Hiobsbotschaften von Broadcom auftauchen, meistens zum deutlichen Leidwesen der Kunden oder Partner. Ein kurzer Ausschnitt aus den „Fortschritten“ die Broadcom bisher mit seiner neuen Tochter erzielt hat.
- Streichung aller Perpetual-Lizenzen (Kauflizenzen), Umstellung auf ein reines Subscription-basiertes Lizenzsystem
- Massiver Abbau und Zusammenlegung der angebotenen Produkte und Lizenzoptionen
- Kündigung aller bestehenden VMware-Partner, Neueinladung nur auf Willen von Broadcom ins „Broadcom Partner Program“, meist nur bei hohen Lizenz-Umsätzen (SMB-Systemhäuser, Schulungstrainer, Consultants und Berater existieren bei Broadcom anscheinend nicht)
- Massive Erhöhung der Lizenzkosten für Neue und Renewal-Lizenzen, teilweise um 400% bis 1000%
Gerade der letzte Punkt bewegt viele Unternehmen sich nach Alternativen für Ihren bestehenden VMware-Stack umzuschauen. Lizenzkosten, die sogar Microsoft-Preiserhöhungen wie ein Schnäppchen wirken lassen und vielleicht sogar die Firmenexistenz bedrohen, erhöhen den Druck nach einer anderen Lösung umso mehr. Zuletzt ist Broadcom nicht umsonst bekannt als der Konzern, zu dem Firmen & Software „hingehen um zu sterben“.
Hyper-V als alternative?
Eine durchaus berechtigte Alternative, gerade für Kunden mit einer Microsoft-Umgebung, ist natürlich Hyper-V.
Auch Microsoft ist mittlerweile kein Unbekannter im Bereich Virtualisierung:

- Hyper-V existiert bereits seit 17 Jahren (Initial-Release mit Windows Server 2008)
- Guter Hardware- und OEM-Support
- Viel Flexibilität und Deployment-Optionen (SAN, Hyper-converged, S2D, Storage Replication, etc…)
- Werkzeuge und Tooling auch für grössere Umgebungen (System Center VMM, Hyper-V Clustering, Host Guardian Service, TPM)
- Nahtlose Integration in bestehende Windows-Umgebungen
- Meist besseres Preis-Leistungsverhältnis, Hyper-V ist bereits in Windows Server Datacenter-Lizenzen enthalten
Eine besonderes Augenmerk gilt dabei auf die integrierte Lösung von Microsoft & OEMs die mittlerweile unter dem Namen Azure Local (ehemals Azure Stack HCI) verkauft wird.
Hierbei handelt es sich um eine hardwareseitig komplett fertige und getestete Lösung für Virtualisierungsumgebungen auf Basis von Hyper-V. Microsoft bietet hierbei verschiedene Größen und Konfigurationen für die unterschiedlichsten Umgebungen an.
- Skalierbar zwischen 1 bis 16 Cluster-Knoten (ja, auch Single-Node Cluster gibt es bei Azure Local)
- Unterschiedlichen Speicherkonfigurationen (All-Flash, NVMe & SSD, NVMe & HDDs, NVMe & SSDs & HDDs, etc…)
- Hyper-converged (kein SAN erforderlich)
- Unterstüzung für Live Migration, Cluster Shared Volumes und Software-Defined Networking
- Wahlweise mit GPUs, Rugged, Secured Core, etc…
- Unterstützung für VMs, RDS-Server, Container, Kubernetes etc…
aber warum Azure Local / Azure Stack HCI?
Warum kein normaler Hyper-V Cluster?
Microsoft hat seine Windows Server Produktpallete in den letzten Jahren etwas angepasst in Hinsicht auf Hyper-V. Auch heute haben Sie generell immer noch die Möglichkeit einen Hyper-V Cluster nur mit Windows Server ohne irgendwelche Azure-Präfixe zu verwenden. Allerdings ist dies heute nicht mehr zu empfehlen aufgrund einiger Änderungen:
- Der kostenlose Standalone „Hyper-V Server“ nur mit Hyper-V Funktion als Host-OS wurde mit Windows Server 2022 eingestellt.
- Seit Windows Server 2022 fallen gewisse Funktionen in Bezug auf Hyper-V / Clustering aus Windows Server 2022 heraus, diese werden nur über die bereits erwähnten Azure Local / Azure Stack HCI-Lösungen bereitgestellt. Dazu gehören z.B. Thin Provisioning, Kernel-Only Restarts, Single Node Deployments, Network ATC oder Dynamic Processor Compatibility Mode. Weiterentwicklungen für Hyper-V erfolgen damit eher im Azure Local-Bereich.
Azure Local / Azure Stack HCI ist damit eher zu sehen als eine Art dediziertes Hyper-V Hostssytem auf einem physischen Host. Der bekannte Windows Server wird daher von Microsoft in Zukunft eher auf den Gast-Betrieb in VMs hin ausgelegt.
Azure Local wird dabei ausschliesslich als „fertige“ Lösung auf getesteter Hardware verkauft und besteht daher im wesentlichen aus 2 Komponenten:
- Der Hardware von einem OEM (einsehbar im Azure Local Catalog)
- Dem Betriebssystem Azure Local / Azure Stack HCI (basierend auf monatlicher Lizenzierung, enthalten mit Software Assurance)
Die Systeme werden dabei in 3 unterschiedlichen Ausbaustufen angeboten (Validated Nodes, Integrated Systems, Premier Solutions). Die Verwaltung Ihres Hyper-V Cluster können Sie entweder ohne Cloud komplett lokal über das Windows Admin Center vornehmen oder über das Azure-Portal. Falls Sie keine permanente Onlineverbindung Ihres Systems wünschen sind auch komplett disconnected Szenarien mit Azure Local möglich.

Einige weitere Vorteile ergeben sich durch Azure Local gegenüber „normalem“ Hyper-V Clustern:
- Integrierte Firmware und Treiberupdate
- Secured-Core-Serverplattformen
- Kontinuirliche Durchführung von Tests und Validierung durch OEM und Microsoft / Gemeinsamer Supportvertrag zwischen OEM und Microsoft
- Windows Server 2022 / 2025 Azure Edition auf lokaler Hardware
- kostenlose ESUs für Windows Server 2012 R2 / SQL Server 2012 bei Ausführung auf Azure Local